Wermut
Altes chinesisches Volksrezept könnte der Schlüssel sein zur Krebsbehandlung
Zwei Biochemiker der Universität von Washington haben ein vielversprechendes potenzielles Mittel gegen Krebs in den Heilkünsten der chinesischen Volksmedizin entdeckt. Professor Henry Lai und sein Assistent Prof. Narendra Singh haben die chemischen Eigenschaften gegen Brustkrebszellen eines Derivates von Wermut untersucht, welches erstaunliche Wirksamkeit zeigte. Eine Studie in der neuesten Ausgabe von Life Sciences beschreibt, wie die Substanz praktisch alle menschlichen Brustkrebszellen innerhalb von 16 Stunden abtötete. „Es scheint nicht nur zu funktionieren, sondern ist auch sehr selektiv", sagte Lai. „Es ist hochgiftig für Krebszellen, hat aber einen vernachlässigbaren Effekt auf normale Brustzellen."
Die Verbindung, Artemisinin, ist nicht neu. Anscheinend wurde sie schon vor Tausenden von Jahren aus der Pflanze Artemisia annua L., gemeinhin bekannt als Wermut, extrahiert, um Malaria zu bekämpfen. Die Behandlung ging jedoch mit der Zeit verloren. Artemisinin wurde wiederentdeckt im Rahmen von Ausgrabungen in den siebziger Jahren, welche antike Rezepte gegen Malaria zutage förderten, und sein Gebrauch ist seither weit verbreitet in Asien und Afrika zur Bekämpfung der von Moskitos übertragenen Krankheit.
Die Verbindung hilft, Malaria zu kontrollieren, indem sie mit dem hohen Eisengehalt im Malaria-Parasiten reagiert. Wenn Artemisinin mit Eisen in Kontakt kommt, erfolgt eine chemische Reaktion, welche geladene Teilchen freisetzt, die als „freie Radikale" bezeichnet werden. Diese attackieren die Zellmembran, zerstören sie und der einzellige Parasit stirbt ab. Vor etwa sieben Jahren stellte Lai die Hypothese auf, dass dieser Vorgang auch bei Krebszellen funktionieren könnte.
„Krebszellen brauchen viel Eisen zur Reproduktion von DNA bei der Zellteilung", erklärte Lai. „Demzufolge haben Krebszellen eine höhere Eisenkonzentration als normale Zellen. Als wir anfingen zu verstehen wie Artemisinin funktionierte, fragte ich mich, ob wir dieses Wissen verwenden könnten, um Krebszellen anzugreifen." Lai entwickelte eine mögliche Methode und suchte nach Sponsoren. Schliesslich erhielt er finanzielle Unterstützung von Brustkrebs-Fonds von San Francisco. In der Zwischenzeit hat die Universität von Washington seine Idee patentieren lassen.
Die Idee bestand gemäss Lai und Singh daraus, Krebszellen mit möglichst viel Eisen vollzupumpen, um sie dann mit Artemisinin selektiv abzutöten. Um mehr Eisen aufnehmen zu können, haben die Oberflächen von Krebszellen mehr Transferrin-Rezeptoren – Kanäle, die Eisen in die Zelle lassen. Brustkrebszellen bilden da keine Ausnahme. Sie haben 15 Mal mehr Transferrin-Rezeptoren als normale Brustzellen.
In der vorliegenden Studie setzten die Forscher Kulturen von Brustkrebszellen und normalen Brustzellen Holotransferrin aus (welches sich mit den Transferrin-Rezeptoren verbindet, um Eisen in die Zellen zu transportieren), Dihydroartemisinin (einer wasserlöslicheren Variante von Artemisinin) und einer Kombination der zwei aus. Zellen, die nur einer Substanz ausgesetzt waren, zeigten keinen Effekt. Brustzellen, beiden Verbindungen ausgesetzt, waren in geringem Masse beeinflusst. Aber die Wirkung der Substanzen auf Krebszellen, zuerst dem Holotransferrin ausgesetzt, dann dem Dihydroartemisinin, war dramatisch. Nach acht Stunden blieben nur noch 25% der Krebszellen übrig. Innerhalb von 16 Stunden waren fast alle Krebszellen tot.
Eine frühere Studie mit Leukämie-Zellen ergab sogar noch eindrücklichere Resultate. Innert 8 Stunden waren alle Zellen tot. Eine mögliche Erklärung ist die hohe Eisenkonzentration in Leukämiezellen. „Sie haben mit die höchste Konzentration von allen Krebszellen", erklärte Lai. „Leukämiezellen können bis 1'000 Mal mehr Eisen enthalten als normale Zellen."
Der nächste Schritt ist der Test an Tieren. In kleinem Ausmass wurden solche Tests schon durchgeführt. In einer frühere Studie erholte sich ein Hund mit Knochenkrebs in einem Ausmass, das ihm das Gehen verunmöglichte, innerhalb von fünf Tagen vollständig. Aber strengere Tests müssen noch durchgeführt werden.
Wenn das Verfahren die Erwartungen erfüllt, könnte es die Behandlung von einigen Krebsarten revolutionieren, sagte Lai. Das Ziel wäre eine Behandlung, welche oral eingenommen werden kann, zu Hause. „Das wäre sehr einfach, und unsere Entdeckungen könnten das ermöglichen", sagte Lai. „Die Kosten sind ein weiterer Vorteil – zu $2 pro Dosis ist es sehr billig. Und dank der Millionen, die Artemisinin gegen Malaria einnehmen, haben wir genug Beleg, dass es gefahrlos eingenommen werden kann." Was auch immer passieren mag, ein Teil der Lobes geht an die unbekannten, vor langer Zeit verblichenen Heilpraktiker. „Das faszinierende ist, dass die Chinesen dies schon vor Tausenden von Jahren verwendet haben", sagte er. „Wir haben nur eine neue Anwendung gefunden."
Wirkung des Zappers auf Zellen
Der Effekt von elektrischem Strom geringer Intensität auf menschliche Lymphozyten und Leukämie-Zellen
Narendra P. Singh und Henry Lai
Department of Bioengineering
University of Washington
Seattle, WA
USA
Zweck dieser Studie ist es, herauszufinden, ob elektrische Ströme geringer Intensität Zellen in Kultur beeinflussen. Zwei Arten von menschlichen Zellen: weisse Blutkörperchen (Lymphozyten) und Leukämie-Zellen (molt-4 Zellen) wurden untersucht. Ein variabler elektrischer Strom geringer Intensität (0.14 Millliampere) produziert von Clark-Zapper wurde auf Zellkulturen mittels zwei Platinelektroden appliziert während zwei Stunden bei 37°C. Die Zellen wurden danach zu verschiedenen Zeiten gezählt. Die Resultate zeigen, dass der Strom keine signifikante Auswirkung hatte auf weisse Blutkörperchen 24 Stunden nachdem sie dem Strom ausgesetzt waren, während das Wachstum von Leukämie-Zellen deutlich reduziert war. 24 Stunden nach der Anwendung des Stroms war die Konzentration der Leukämiezellen nur 58% derjenigen der Zellen, die nicht dem Strom ausgesetzt waren. Diese Daten deuten darauf hin, dass der elektrische Strom das Wachstum von Leukämiezellen selektiv behindern kann, normale Zellen jedoch nicht signifikant beeinflusst. Ein Manuskript zur Publikation, das diese Resultate beschreibt, ist in Vorbereitung.
Zusätzlich wurde derselbe Strom (0.14 Milliampere, 2 Stunden bei 37°C) auf E. coli Bakterienkulturen angewendet. Es wurde kein signifikanter Effekt des Stroms auf E. coli Kulturen beobachtet 24 Stunden nach der Anwendung.
Weitere Forschung sollte untersuchen, ob diese selektive, durch elektrischen Strom induzierte Wachstumsbehinderung auch bei anderen Arten von Krebszellen auftritt. Die kritischen Parameter des Stroms und der Mechanismus dieses Effekts sollten ebenfalls untersucht werden.